Was man mit einem NC von 3,4 alles erreichen kann und wie man Koordinatorin für ein Talentmobil wird, erzählt uns Ceylan Temiz, 33 Jahre alt. Die kaffeeliebende Informatikerin gibt uns einen Einblick in ihren Werdegang:
„Als kleines Mädchen war ich schon immer an Technik interessiert.
Als mein Vater den ersten Rechner mit nach Hause brachte – damals ein Fujitsu Siemens – war ich fasziniert, was man mit so einem „Ding“ alles machen kann.
Auch wenn mich meine Lehrer*innen auf dem Gymnasium demotiviert haben und mich nach meinen Noten bewertet haben und mir nicht mal zutrauten eine Ausbildung zu schaffen – hat mich dies extrem motiviert um letztendlich „irgendwie“ das volle Abitur zu absolvieren, um dann etwas Technisches zu studieren.
Ein reines Informatik-Studium wäre mir zu „trocken“, woraufhin ich mich für den Studiengang „Angewandte Informatik“ entschieden habe. Ich habe meinen Bachelor mit einer 2.0 und meinen Master mit einer 1.7 abgeschlossen. Gerne würde ich meine ehemaligen „Lehrkräfte“ – oder vielleicht eher LEERkräfte – nun treffen um ihnen zu zeigen, was aus der kleinen Ceylan geworden ist. Tatsächlich habe ich an einer Schule eine ehemalige Lehrerin im Lehrerzimmer getroffen, als ich dort in meiner Pause – ich hatte nämlich einen Kurs gegeben – meinen Kaffee trank. Mit den Worten „Was machst DU denn hier?!“ hat sie mich „herzlich“ begrüßt. Aber das mal bei Seite…
Nach meinem Studium arbeitete ich zunächst freiberuflich als Ingenieurin im Bereich der Unternehmensberatung. An der Hochschule Bochum bin ich seit 2018 als Koordinatorin für das Talentmobil im Projekt „NRW-Talentscouting“ tätig. Als Talentscouts sind wir an jeder dritten öffentlichen weiterführenden Schule in Nordrhein-Westfalen vertreten und orientieren uns bei der Identifizierung von Talenten an der Leistung, die junge Menschen in ihrem jeweiligen Lebenskontext erbringen.
Wir machen den Talenten Mut, entwickeln gemeinsam mit ihnen Ideen für die berufliche Zukunft, zeigen Wege auf, schaffen hilfreiche Netzwerke und eröffnen Zugänge zu existierenden Förderinstrumenten des Bildungssystems. Wir versuchen zusammen mit den Talenten Hürden ab- und Brücken zu Unternehmen und Hochschulen aufzubauen. Die Beratung ist ergebnisoffen.
Ob für die Talente ein klassisches Hochschulstudium, ein duales Studium oder eine klassische Ausbildung das Richtige ist, entscheiden die Schüler*innen selbst. Die Arbeit im Talentscouting fasziniert mich, da ich meine Kenntnisse in Angewandter Informatik mit der Arbeit mit Jugendlichen kombinieren kann.
Das Talentmobil bringt Kursangebote aus den Bereichen Naturwissenschaft, Technik und Informatik direkt in die Schule und schafft nachhaltiges Interesse an MINT-Fächern. So kann ich nämlich Schülerinnen und Schülern die Angst vor MINT-Fächern nehmen, mit dem Ziel, nicht erkannte Talente und Interessen zu wecken. Dafür koordiniere und führe ich Schülerworkshops durch, wie beispielsweise zu Kryptographie, Robotik oder 3D-CAD-Druck. Durch diese Workshops kann ich den Jugendlichen Einblicke in mögliche Studien- und Berufsfelder geben.
Ich zeige den Schüler*innen, welche Fähigkeiten in ihnen stecken und dass es nichts gibt, was sie nicht lernen können, wenn sie nur den Willen dazu haben. Dabei liegen mir besonders junge Erwachsene ohne akademische Tradition am Herzen, denn ich selbst habe einen Migrationshintergrund und bin die erste Frau in meiner Familie, die studiert hat. Mir ist es sehr wichtig, Schüler*innen aus nicht-akademischen Familien zu motivieren und zu fördern. Häufig haben insbesondere Schülerinnen geradezu Angst vor Technik – Es ist toll, ihnen diese Angst nehmen zu können und den Schülerinnen zu zeigen, dass auch sie MINT-Studiengänge erfolgreich absolvieren können.“
Links zum Arbeitsplatz von Ceylan:
Infos zum Talentscouting: www.hs-bochum.de/talentscouting
Infos zum Talentmobil: www.hs-bochum.de/talentmobil